Vier Liter! Die Magie des Sechszylinders ist zurück in Porsches Mittelmotor-Coupé und -Roadster
Saugmotor. Sechs Zylinder. Mehr muss Porsche-GT-Chef Andreas Preuninger nicht sagen. Wir sind in der Nähe von Weissach, Porsches technischer Basis, und wir kommen in den Genuss eines Sneak Previews mit dem neuen 718 Cayman GT4 und dem 718 Boxster Spyder. Und ja, das hier sind die offiziellen Autos. All die Internet-getriebenen Gerüchte und Spekulationen ... können Sie hiermit zu den Akten legen.
Angetrieben werden die beiden heiß ersehnten Sportwagen übrigens nicht von einer Variante des hochdrehenden 4,0-Liter-Boxers aus dem 911 GT3, auch wenn viele Menschen erwartet haben, dass Porsche dieses Monstrum in den Rücken seiner Mittelmotor-Modelle quetscht. Stattdessen gibt es einen neuen Sechszylinder. Überraschenderweise verfügt er ebenfalls über vier Liter Hubraum, entstammt aber einer komplett anderen Familie. Er basiert lose auf dem 9A2-Triebwerk des aktuellen Porsche 911 Carrera. Ja, dem 3,0-Liter-Biturbo. Er wird auch auf der selben Linie gefertigt. Aber keine Sorge, wie erwähnt, wird hier frei gesaugt. Die neue Maschine für die potentesten 718-Twins verfügt über Dinge wie Zylinderabschaltung und Piezo-Einspritzung.
Die Drehzahlgrenze liegt bei 8.000 U/min. Die Spitzenleistung von 420 PS liegt bei schwindelerregenden 7.600 Touren an. Das Drehmoment von 420 Nm steht zwischen 5.000 und 6.800 Touren bereit. Gegenüber seinem Vorgänger leistet der 718 Cayman GT4 35 PS mehr. Beim 718 Boxster Spyder sind es 45 PS. Beide beschleunigen nun in 4,4 Sekunden von 0-100 km/h und schaffen Höchstgeschwindigkeiten von 301 (Boxster) beziehungsweise 304 km/h. Den Verbrauch geben die Zuffenhausener mit 10,9 Liter an.
Das Wichtigste für alle Puristen: Das glorreiche Sechsgang-Schaltgetriebe bleibt erhalten. Wieder als einzige Option. Allerdings ist die Übersetzung einmal mehr recht lang um die diversen Emissions-Regularien zu erfüllen. Außerdem steigt das Gewicht auf knapp mehr als 1.400 Kilo. Das sind knapp 90 Kilo mehr als bisher.
Verantwortlich für den Großteil des Extra-Specks sind lästige Dinge wie die neuen Otto-Partikelfilter oder die Implementierung eines Start-Stopp-Systems, das größere Anlasser und Batterien nötig macht. Allerdings verrät Preuninger, dass der reale Gewichtsunterschied zwischen den neuen Fahrzeugen und ihren Vorgängern eigentlich nur knapp 30 Kilo beträgt. Der Rest ist auf Änderungen im Homologationsprozess zurückzuführen. Man muss nun wohl einfach andere Zahlen angeben. Was auch immer die richtige Zahl sein mag, wir glauben Preuninger, wenn er uns sagt, dass der Fahrer die zusätzliche Masse hinter dem Lenkrad nicht bemerken wird.
Porsches GT-Boss erwähnt auch, dass der neue GT4 die Nordschleife mindestens zehn Sekunden schneller umrundet, als sein Vorgänger. Ein Grund für diese enorme Verbesserung sind gewaltige aerodynamische Optimierungen. Ein neu konstruierter Auspuff schafft Platz für einen wirkungsstärkeren Diffusor. Dazu wurde auch der feststehende Heckflügel wirkungsgradoptimiert. Insgesamt generiert der 718 GT4 bis zu 50 Prozent mehr Abtrieb. Die Räder werden vom Vorgänger übernommen. Auf den Leichtbau-20-Zöllern montiert Porsche Michelin Pilot Sport Cup 2 Reifen in 245/35 vorne und 295/30 hinten.
Weitere Performance-Pusher sind Porsches aktuellstes Torque-Vectoring-Setup, ein mechanisches Hinterachs-Sperrdifferenzial oder neue Dämpfer. Das serienmäßig adaptive PASM-Fahrwerk schickt GT4 und Spyder um 30 mm in die Knie.
Die beiden Autos bedienen sich im Fahrwerksbereich auch im Teileregal des 911 GT3. Beim Cayman GT4 war das bereits vorher so. Nun profitiert auch der 718 Boxster Spyder von der Güte des Track-Elfers. Die Achsen stammen nun auch hier aus dem GT3. Dazu gibt es Kugelgelenke, die teilweise die Anbindung ans Chassis übernehmen. Ansonsten vertraut die GT-Abteilung auf konventionelle Buchsen, um ein gutes, also möglichst komfortables Fahrgefühl auf der Straße aufrecht zu erhalten.
Nichtsdestotrotz handelt es sich hier in erster Linie um Rennstrecken-orientierte Gefährte und Trackday-Fahrer werden sich sicher über die Einstellmöglichkeiten für Spur, Sturz und Stabilisatoren freuen. Na gut, vermutlich werden die meisten Fahrer dann eher doch nicht zum Werkzeugkoffer greifen und einfach den Sportknopf drücken, um die adaptiven Dämpfer härter zu stellen, aber es ist gut zu wissen, dass man kann, wenn man will. Weitere Optionen umfassen eine automatische Drehzahlanpassung beim Runterschalten (falls Ihre Hacke-Spitze-Technik ein wenig eingerostet ist) sowie Porsches Track Precision App, mit der Sie die nerdigsten Rennstreckendaten ermitteln können, um Ihren Freunden damit tierisch auf die Nerven zu gehen.
Außerdem erhalten Sie gegen Aufpreis leichtere Carbon-Keramik-Bremsen, gewichtsoptimierte Schalensitze oder - im Falle des 718 Cayman GT4 - ein Clubsport-Paket mit Stahl-Überrollbügel, einem Handfeuerlöscher und einen Sechspunktgurt für die Fahrerseite.
Der 718 Boxster Spyder startet bei 93.350 Euro, der 718 Cayman GT4 kostet mindestens 96.206 Euro. Günstig ist das natürlich nicht, aber konfigurieren Sie sich mal einen gut ausgestatteten Boxster oder Cayman GTS zusammen. Bedenkt man die neuen Sechszylinder-Motoren und die vermutlich heftige Performance-Steigerung gehen die neuen Mittelmotor-GT-Zwillinge also fast schon als Schnäppchen durch.