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Leiser Lieferwagen: Unterwegs im Mercedes Vito E-Cell

Elektro-Transporter startet im Flottenversuch

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Stuttgart, 13. Juli 2010 - Immer mehr Menschen bestellen Waren im Internet. Aber ob Amazon oder Otto: Die Sachen müssen auch ausgeliefert werden. Hier schlägt die Stunde der Paketdienste mit ihren Lieferwagen. Doch die dieselnden Lastesel bekommen zunehmend Probleme, denn speziell in den großen Städten gibt immer mehr Einfahrtsbeschränkungen, sei es in Form einer Umweltzone oder durch eine City-Maut. Die Folge: Gerade kleine Gewerbetreibende, die wenig Geld für neue Fahrzeuge haben, werden an den Rand des Ruins getrieben. Einen Lösungsansatz zeigt jetzt Mercedes mit dem elektrischen Vito E-Cell, den wir bereits Probe fahren konnten. 

Aus der Tradition gelernt
Wirklich neu ist die Idee eines Elektro-Transporters bei Mercedes nicht: Bereits im Jahr 1972 wurde der LE 306 entwickelt, 1980 folgte der 307 E im Großversuch. Das Problem war jedoch immer die unzureichende Batterietechnologie. Besser soll es jetzt der Vito E-Cell machen. Das Fahrzeug basiert auf dem langen Vito mit Normaldach, der jüngst optisch überarbeitet wurde. Der große Achsabstand von 3,20 Meter bietet den notwendigen Freiraum zur Montage der Batterien im Unterboden, um den Laderaum zu erhalten. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 3.050 Kilogramm beträgt die Nutzlast rund 900 Kilogramm. Das Zusatzgewicht gegenüber einem Diesel-Vito beträgt laut Mercedes etwa 200 Kilogramm.

Platzsparende Unterbringung
Um Bauraum für die Batterien zu sparen, erfolgt der Antrieb im Gegensatz zu den anderen Modellen der Vito-Baureihe auf die Vorderräder. Mit Ausnahme einiger Fahrwerkskomponenten, die vom Vito 4x4 übernommen wurden, ist der Frontantrieb neu entwickelt worden. Unter der Motorhaube sind außer dem Elektromotor weitere Komponenten wie die Leistungselektronik, der Wandler und das Netzladegerät untergebracht. Das E-Aggregat erreicht eine Dauerleistung von 60 Kilowatt und eine Maximalleistung von 70 Kilowatt. Das höchste Drehmoment beträgt 280 Newtonmeter. Im Hinblick auf das städtische Einsatzgebiet und zugunsten einer höheren Reichweite der Batterien ist die Höchstgeschwindigkeit des Transporters auf 80 km/h begrenzt. Die Kraftübertragung erfolgt über ein Eingang-Getriebe.


 

Genügend Saft an Bord
Die Batterien ruhen unter dem Ladeboden. Es handelt sich um Lithium-Ionen-Akkus mit einer Gesamtkapazität von 36 Kilowattstunden, davon stehen 32 für den Fahrbetrieb zur Verfügung. Das Batteriepaket setzt sich aus 16 Modulen mit insgesamt 192 Zellen zusammen. Jede Zelle wird durch ein Managementsystem überwacht, ein Sicherheitssystem legt das Hochvoltnetz bei Nichtbenutzung still. Die Antriebskomponenten werden wassergekühlt, für die kalte Jahreszeit ist ein Zuheizer an Bord. 

Leise unterwegs
Ein wenig Abkühlung könnten wir auch gebrauchen, als wir uns bei 35 Grad Außentemperatur hinter das Steuer des Elektro-Vito begeben. Eine Klimaanlage ist nicht an Bord, da solche Zusatzaggregate gehörig an der Batteriereichweite knapsen. Also heißt es schwitzen und los. Trotz des hohen Fahrzeuggewichts beschleunigt der Vito E-Cell flott auf das Stadttempo von 50 km/h. Gewöhnungsbedürftig sind sowohl die Bremse als auch die Lenkung. Anstelle eines Drehzahlmessers informiert uns eine Anzeige, ob wir Leistung im grünen Bereich abrufen oder die Batterien ausquetschen. Doch soweit kommen wir dank gemäßigter Fahrweise sowieso nicht, innerstädtisch reichen 50 bis 55 km/h zum Mitschwimmen völlig aus. Dabei summt der Vito vor sich hin, nur das Abrollgeräusch der Reifen stört die etwas an eine Straßenbahn erinnernde Kulisse. Ein prima Auto für innerstädtische Transportaufgaben, denken wir uns und so sieht es auch Mercedes: Der Elektro-Vito ist für Kunden gedacht, die einen geregelten Tagesablauf mit meist gleichen Strecken haben und das Fahrzeug auf dem Betriebsgelände laden können.

Intelligent laden
Die Batterien werden am 380/400-Volt-Netz geladen, die eingebauten Ladegeräte leisten 6,1 kW. Abhängig vom Zustand der Stromspeicher dauert das Auftanken maximal sechs Stunden bei völlig leerer Batterie. Wird mit haushaltsüblichen 230 Volt gepowert, verdoppelt sich die Ladezeit. Um die Transporter-Flotte flexibel einsetzen zu können verfügen alle Fahrzeuge über eine so genannte "Smart Change Communication Unit", kurz SCCU. Sie ermöglichen ein intelligentes Laden des Vito E-Cell mit kostengünstigem Nachtstrom oder grünem Strom. Zusätzlich kann ein Disponent die Reichweite eines Fahrzeugs abrufen und so festlegen, ob noch eine zusätzliche Tour möglich ist.


 

Erprobung in ganz Europa
Zwischen August und Dezember 2010 werden 100 Vito E-Cell an Kunden ausgeliefert, zumeist Flottenbetreiber wie Hermes, die Post, DPD oder die Deutsche Bahn. Jeweils die Hälfte der Fahrzeuge kommt in Berlin und Stuttgart zum Einsatz, weitere werden ab Anfang 2011 in der spanischen Baskenregion fahren, wo der Vito vom Band läuft. Die Kundenerprobung ist auf vier Jahre und etwa 80.000 Kilometer pro Fahrzeug festgelegt, danach gehen die 100 Transporter zurück an Mercedes. Zu kaufen sind die Vito E-Cell nicht, sie werden vermietet oder verleast, der Service ist inklusive. Ab 2011 sollen sogar 2.000 Einheiten des Öko-Lasters gebaut werden, die dann in sieben europäischen Ländern laufen sollen und von Mautbefreiungen sowie Zuschüssen profitieren.


 

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