Was kann der 2020er Pickup im neuesten Euro-Trimm?
Der neueste Ram 1500. Haben Sie selbst schon erkannt, ne? Und Sie fragen sich sicher, warum wir mit dem Test des Trumms jetzt erst ums Eck kommen. In den USA gibt es den komplett überarbeiteten, deutlich leichteren Truck mit den schmalen Schlafzimmerblick-Scheinwerfern schließlich schon fast zwei Jahre.
Nun, das hier ist eine ganz neue und recht spezielle Version des 1500ers. Offiziell hört dieses KFZ auf den Namen AEC Ram 1500 Laramie Sport. Ersonnen wurde sie von Groß-Importeur AEC und das ganz speziell für die Bedürfnisse der deutschen/europäischen Kundschaft. Dort war der "Sport" immer das beliebteste Ram-Modell, weil er vergleichsweise viel Ausstattung bot, gleichzeitig aber weitgehend auf fancy Schnickschnack verzichtete und deshalb zu überaus erfreulichen Preisen angeboten werden konnte.
Das Problem: Fürs neue Modell, den Ram DT, gab es bisher keinen "Sport". Also in Kanada schon, aber das hilft Ihnen jetzt nicht unbedingt weiter. Grund genug für AEC, den großen Ram-Baukasten anzuzapfen, sich ein passendes Modell quasi "custom" zusammen zu zimmern und eine vernünftige Gewährleistung oben drauf zu packen. Kriegen können Sie den neuen Laramie Sport bei den insgesamt 37 deutschen Händlern des Unternehmens.
Er basiert auf der Basis-Ausstattung "Laramie" und kombiniert diese mit einem deutlich knallefektigeren Erscheinungsbild. Als wäre ein 5,92 Meter langer, 2,08 Meter breiter Pickup nicht schon knallefektig genug. Das sogenannte Sport-Appearance-Paket umfasst in Wagenfarbe lackierte Schürzen und Spiegel, spezielle 20-Zöller sowie eine rabiatere Motorhaube mit schwarzen Lufteinlässen und fettem Hemi-Aufsatz links und rechts vom angedeuteten Powerdome. Darf und soll schließlich jeder wissen, dass hier noch acht Zylinder stolz ihr Unwesen treiben.
Der gute alte Fünfsiebener dürfte hinreichend bekannt sein. Auch hier gibt er 401 PS und 556 Nm über eine ZF-Achtgang-Automatik an zwei oder vier Räder (je nach Fahrmodus) weiter. Auch hier süffelt er aufgrund von 2,5 Tonnen Fahrzeuggewicht gerne und viel, was AEC auf Wunsch durch eine eigens mit Prins entwickelte LPG-Anlage abzumildern weiß. Also weniger den Durst, aber den Preis der Zeche. Der 122-Liter-Gastank sitzt, wo einst das Reserverad lümmelte und reduziert die eher überschaubare Bodenfreiheit von 210 Millimeter weiter. Allerdings rechnet sich der Umbau laut AEC trotz Kosten von etwa 5.000 Euro bereits nach 30.000 Kilometern. 70 Prozent der Kunden würden das Teil ordern, sagt man mir. Vermutlich auch aufgrund der kombinierten Reichweite von bis zu 1.000 Kilometer.
Die "aufs nötigste reduzierte Ausstattung" kommt mir beim Blick in die Broschüre eher wie das Gegenteil vor, bedeutet aber schlicht den Verzicht auf teuren Firlefanz wie ein Luftfahrwerk, eine beheizbare Rückbank, ein Panorama-Schiebedach oder elektrische Trittbretter. AEC bringt feste, aber dafür längere Einstiegs-Planken an. Hilft, wenn man mal irgendwas aus der hinterste Ecke der Ladefläche fischen muss. Weitere Importeurs-Dreingaben sind eine vernünftige Laderraumwanne sowie Unterbodenschutz und Hohlraumversiegelung.
Eine Anhängerkupplung ist natürlich ebenfalls Serie. Der Laramie Sport darf übrigens bis zu 3.500 Kilo an den Haken nehmen. Modellabhängig sind es in den USA teils deutlich mehr, aber seis drum. Die Zuladung beträgt hüben wie drüben 1.000 Kilo.
Im Vergleich zum Vorgänger, den wir 2015 als kürzeren Single Cab testen konnten, fällt auf, dass er selbst mit dem Stahlfahrwerk deutlich geschmeidiger federt, ruhiger liegt und insgesamt wesentlich geschliffener fährt. Knapp 100 Kilo konnten durch die Nutzung hochfester Stähle eingespart werden. Ich bilde mir ein, dass man das merkt. Auch das Lenkgefühl und die Wankneigung wirken gefühlt näher an einem gewöhnlichen PKW. Alles im Rahmen des Möglichen, versteht sich. Auch beim 2020er Ram 1500 steht nie zur Debatte, was für ein Monstrum Sie da gerade dirigieren.
Nichtsdestotrotz muss auch ein ungeübter Fahrer nicht mehr an den Ausmaßen verzweifeln, das fährt schon alles relativ easy und gar nicht mal so undynamisch. Der limitierende Faktor sind eher die Reifen. Klar werden Sie fluchen, wenn Sie in der Innenstadt auf Parkplatzsuche gehen oder rangieren müssen, aber Parkpiepser und Rückfahrkamera helfen genau wie der Toter-Winkel-Warner, der auch mit bis zu 12 Meter langen Anhängern funktioniert.
Mehr denn je empfiehlt sich der Dicke als ultimatives Reise- und Langstreckenmobil (wir ignorieren an dieser Stelle einfach mal seine horrenden Trinksitten). Entspannter kann man dank der Laufruhe von 3,67 Meter Radstand, der urgemütlichen Sessel und der in sich ruhenden, gutmütig blubbernden Urgewalt des Hemi-V8 kaum unterwegs sein.
Der Motor selbst erweist sich einmal mehr als Oldie but Goldie. Der Antritt überrascht in Anbetracht der zu bewegenden Masse bei jedem Tritt aufs Gaspedal von Neuem. Kraft ist wirklich im Überfluss vorhanden. Das alles entspannt und kompetent dirigiert von der ZF-Achtgang-Box und untermalt von einer herrlich subtilen aber vollen Achtzylinder-Note, die beim Cruisen weitgehend im Hintergrund verschwindet. Sollten Sie finden, dass Ihr Truck durchaus etwas mehr Rock"n"Roll im Abgastrackt vertragen kann, dann installiert AEC auf Wunsch auch einen NAP-Sportauspuff.
In allen Belangen gewaltig, erfreulich feudal und technologisch absolut in Ordnung. Die Platzverhältnisse des Crew Cab haben auf allen Plätzen Lagerhallen-Format. Merken Sie sich bitte, wo genau Sie ihre Kinder hingesetzt haben, nicht, dass Sie sie danach nicht mehr finden. Vorne ist es vor allem die immense Breite mit der massiven Mittelkonsole, die den Ram 1500 so extrem von kleineren Trucks wie einem Ford Ranger oder Mitsubishi L200 unterscheidet. Die Ladefläche misst 1,71 Meter in der Länge und 1,69 in der Breite. Zwischen den Radhäusern beträgt die Breite 1,30 Meter.
Gefühlt verbessert sich der Qualitätseindruck von Jahr zu Jahr. Hier gibt es wirklich keinen Grund mehr zu meckern. Die Instrumente sind liebevoll gestaltet und verströmen taffes Industrie-Flair. Da möchte man am liebsten gleich anfangen, Holz zu hacken oder irgendetwas Riesiges aus Stahl zu bauen.
In der Mitte wird man vom neuen 12-Zoll-Infotainmentscreen förmlich erschlagen. Auch er nutzt FCAs UConnect, wenn Sie also schon mal mit Fiat oder Jeep das Vergnügen hatten, dürften Sie sich schnell zurecht finden. Der Bildschirm ist teilbar, kann also beispielsweise oben die Navigation und unten die Klimatisierung anzeigen. Für letztere sind aber auch noch richtige Knöpfe vorhanden. Ich persönlich komme mit dem System relativ gut zurecht. Manch anderer kritisiert die teils verwirrende Menüsteuerung, aber im Großen und Ganzen gibt es viele weitaus schwächere Lösungen auf dem Markt.
Ein ziemlich cooles Gimmick links und rechts vor der klappbaren Rückbank sind die beiden "Bierfächer" (Name von der Redaktion geändert). Natürlich geht in die Dinger auch allerhand Krimskrams wie Kabel, Werkzeug oder Spielsachen, aber fürs echte Südstaaten-Flair bitte einmal mit Eis vollmachen und ordentlich mit Gerstensaft vollstopfen. Dann noch den Grill auf die Ladefläche packen und die Party startet, wann und wo immer Sie wollen.
Wer sich hierzulande für einen Ram 1500 interessiert, muss in der Regel nicht mehr wirklich überzeugt werden. Er weiß, was er tut und worauf er sich einlässt. Dieses Fahrzeug mit irgendetwas zu vergleichen, was deutsche Hersteller anbieten, ist ohnehin relativ sinnlos.
AEC bietet dieses monumentale Gesamtpaket für gute 60.000 Euro an und nicht nur beim Blick auf die paar deutschen SUVs mit mehr als 5 Meter Länge muss man attestieren: Mehr Auto kriegen Sie nicht für die Kohle.
Argumente wie "viel zu groß und sperrig und durstig für unsere Infrastruktur" spielen für die Ram-Klientel keine Rolle. Über den ganzen Rest - den geilen V8, den grandiosen Komfort, die gewaltige Praktikabilität und den inzwischen echt guten Innenraum - darf sich die Kundschaft beim neuesten Modell wirklich freuen.