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VW Caddy (2021): Neue Generation des Hochdachkombis im Test

Wie fährt sich das MQB-Auto mit dem 102-PS-Diesel und neuer Hinterachse?

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Der Aktuelle VW Caddy hatte mit bis zu einer Tonne eine deutlich höhere Zuladung als die Konkurrenz wie Citroen Berlingo oder Dacia Dokker. Möglich wurde das durch die robuste Starrachse mit Blattfedern hinten.

Der Ende November startende, neue Caddy der fünften Generation hat nun hinten Schraubenfedern, was die Zuladung verringert. Dafür soll sich der Fahrkomfort verbessert und die Durchladebreite gestiegen sein. Wir haben den Neuling getestet, um herauszufinden, wie sich das auswirkt.

Was ist neu beim Caddy V?

Schon die alte Generation verwendete Teile des Modularen Querbaukastens (MQB) von VW. Die neue Variante basiert nun vollends auf dieser Plattform. Ausgegangen sind die Ingenieure vom Golf VIII. "Wir haben da unseren Hut drauf gesetzt", sagt VW-Nutzfahrzeuge-Produktmanager André Bertelsmeier, und verdeutlicht das mit einem Vergleichsbild:

Ein bisschen getrickst müssen die VW-Grafiker allerdings haben, denn mit 4,50 Meter ist der der Caddy doch etwa 30 Zentimeter länger als der Golf; auch der Radstand ist immerhin 13 Zentimeter länger. Aber sei's drum.

Die neue Plattform macht sich durch ein ähnliches Cockpit (mit vielen großen Displays sowie neuen Touch-Flächen beispielsweise zum Anschalten des Lichts) bemerkbar, aber auch durch die neuen Antriebe (die neuen evo-Versionen des 2.0 TDI und 1.5 TSI sowie eine Plug-in-Hybrid-Variante) und einige neue Assistenzsysteme.

Cockpit mit vielen großen Displays

Innen verblüfft der neue Caddy mit seiner Displaylandschaft. Der Testwagen hatte das optionale Instrumentendisplay, bei dem sich die Ansicht verändern lässt. So kann man sich zwei Rundinstrumente (Drehzahlmesser und Tacho) anzeigen lassen, eine große Navigationskarte oder auch eine minimalistische Ansicht. Wer will, kann auch die Anzeigen im Detail ändern, zum Beispiel links die verbliebene Adblue-Reichweite und rechts einen Kompass. Und bei der Ansicht mit großer Navi-Karte kann man sogar hinein- und herauszoomen. 

In der Cockpitmitte gibt es außerdem ein großes Display fürs Infotainment. Über das Display müssen auch die Klimaeinstellungen vorgenommen werden, was etwas umständlich ist - wir hätten lieber traditionelle Drehknöpfe. Über den Touchscreen lassen sich auch Details einstellen, zum Beispiel kann man die Warnung bei Überschreiten des Tempolimits abstellen.

Unter dem Infotainmentdisplay gibt es Touch-Flächen zur Aktivierung der Hauptmenüs wie Klimatisierung oder Navigation. Ähnliche Touch-Flächen gibt es auch links vom Lenkrad; darüber schaltet man das Fahrlicht (Tagfahrlicht, Scheinwerfer, Nebelscheinwerfer etc.) an.

Die Materialien sind nutzfahrzeugtypisch. Das heißt, es gibt viel Hartplastik, aber keine hinterschäumten Oberflächen, wie man sie von den meisten Pkw (zumindest ab der Kompaktklasse) kennt. Unsere Kunden legen darauf nicht viel Wert, heißt es bei VW auf Nachfrage. Das ist plausibel: Wer einen Caddy kauft, dem sind Kofferraumvolumen, Variabilität und praktische Qualitäten wichtiger als ein edles Ambiente. Image ist nichts, Innenraum ist alles.

Sitzkonzept: Serienmäßig fünf Wickelsitze

Eine Besonderheit der Gattung sind die Schiebetüren für den Fond. Serie ist beim Caddy eine auf der rechten Seite, eine weitere gibt es optional. Die Schiebetüren bieten den Vorteil, dass man beim Aussteigen in Querparklücken keine anderen Autos beschädigen kann und dass der Zustieg (oder das Installieren eines Kindersitzes) durch die große Türöffnung einfacher ist. Eine Hand einklemmen kann man sich natürlich auch - aber das schaffen minderjährige Verletzungs-Spezialisten wohl auch bei konventionellen Klapptüren. 

Den Caddy gibt es wie gehabt fünf- oder siebensitzig, als verblechte Cargo-Version wie als verglaste Variante für Privatnutzer. Auch die Langversion Maxi ist wieder am Start. Wir fuhren die fünfsitzige Normalversion.

Als typischer Hochdachkombi bietet der Caddy daher auch unendlich viel Platz zwischen Kopf und Dach - selbst Großgewachsene mit Zylinder auf dem Schädel dürften kaum oben anstoßen. Die Kniefreiheit ist nicht ganz so üppig, aber für den 1,76 Meter großen Autor durchaus ausreichend.

Das Sitzkonzept besteht aus einem so genannten Tumble-System: Die Sitze in der zweiten Reihe lassen sich "wickeln". Dazu klappt man die Lehne auf die Sitzfläche und bewegt dann dieses "Sandwich" in die Senkrechte. Anschließend kann man dieses Sitzpaket dann auch noch ausbauen. Dazu ist allerdings etwas Kraft vonnöten, denn schon ein einzelner Sitz wiegt rund 20 Kilo. Noch etwas schwerer ist die andere Portion, eine Zweier-Sitz-Kombination.

Einen Caddy kauft man auch wegen des gigantischen Kofferraums. Und das bietet der Neuling: 1.213 bis 2.556 Liter passen hinein. Das ist schlicht Wahnsinn. Der erste Wert bezieht sich wie üblich auf die fünfsitzige Konfiguration und Beladung bis zur Höhe der Sitzlehnen, der zweite auf dachhohe Beladung bei ausgebauten Sitzen der zweiten Reihe. Zum Vergleich: In den gleich langen VW Tiguan passen nur 615 bis 1.655 Liter. Ein Grund für das enorme Kofferraumvolumen ist, dass der Caddy fast 1,80 Meter hoch ist, während der Tiguan nur 1,68 Meter aufragt.

Auch in einen siebensitzigen Caddy Maxi haben wir uns schon mal hineingesetzt. Hier gibt es ganz hinten noch zwei Zusatzsitze, auf denen man erstaunlich viel Platz hat. Die Kopffreiheit ist immer noch so gut wie im Fond eines normalen Kompaktklasse-Pkw, und vor den Knien des Autors bleiben zwei Fingerbreit Platz. Allerdings stehen die Oberschenkel etwas nach oben.

Motoren und Fahrwerk

In den VW Amarok oder Crafter baut VW spezielle Nutzfahrzeugmotoren ein, die ganz besonders viel Dreck und Beladung aushalten. Der Caddy dagegen ist näher am Pkw dran, und so werden hier ganz normale Pkw-Motoren eingebaut. Beim Caddy V sind es die neuen evo-Motoren aus dem VW Golf, und zwar der 2.0 TDI mit 75, 102 oder 122 PS und der 1.5 TSI evo mit 114 PS. Geplant sind außerdem ein Plug-in-Hybrid und eine Erdgasversion:

Wir fuhren die mittlere Dieselversion mit Handschaltung. Der Normverbrauch von 4,7 Liter liegt deutlich unter einer entsprechenden Version des Citroen Berlingo, bei dem 5,3 Liter angegeben werden. Wir brauchten auf unserer Testfahrt etwas über sechs Liter, also etwa ein Drittel mehr als nach Norm - kein Anlass für Ärger, denn je nach Strecke sind es bei uns auch oft 50 Prozent mehr.

Für die Abgasreinigung sorgt das Twindosing-System mit zwei SCR-Kats und zwei Adblue-Zudosierungen. Vorteil: Der motornahe Kat wird schnell warm, ist also schon kurz nach dem Motorstart betriebsbereit. Bei hoher Last auf der Autobahn, wenn der vordere Kat in seiner Wirkung wieder nachlässt, kommt der hintere Kat (am Unterboden) in Fahrt. Der Adblue-Tank des Caddy fasst 15 Liter, was laut Bordcomputer-Anzeige für 21.500 Kilometer reichen soll - aber dieser Wert ist sicher nutzungsabhängig.

Der Zweiliter-Diesel klingt im Caddy etwas rau, was aber wohl nur Feinsinnige stört. Der Vortrieb ist ausreichend. Was uns eher etwas genervt hat, war die etwas hakelige Schaltung (seltsam, so etwas ist uns bei einem VW noch nie aufgefallen), die sehr indirekte Lenkung (typisch für ein Nutzfahrzeug) und das Fahrwerk.

Lenkt man bei niedrigem Tempo (40 km/h) etwas hin und her, dann schwankt der Caddy wie eine Jolle auf hoher See. Besonders komfortabel ist der Wagen dennoch nicht; bei Unebenheiten poltert es. Eine Verbesserung gegenüber der alten Version mit Blattfedern (die bei unserer Testfahrt im Jahr 2015 erstaunlich Pkw-artig wirkten) konnten wir nicht feststellen.

Die Zuladung von fast 600 Kilo ist für die meisten Zwecke von Privatleuten ausreichend. Der Fahrer ist da ja schon abgerechnet. Wenn man noch drei 75-Kilo-Insassen einlädt, bleiben immer noch über 300 Kilo für Gepäck, Torfsäcke oder Fahrräder. Oder sogar 20 Waschbeton-Platten als Trittsteine für den Garten.  

Preise und Ausstattung

Die Preise für den Caddy mit verglastem "Hinterteil" und 102-PS-Diesel beginnen bei 25.044 Euro. Dafür gibt es die Version Kombi Ecoprofi. Sie hat die Wickelsitze, eine Klimaanlage und elektrisch einstellbare Außenspiegel. Ein Radio muss noch extra geordert werden; dafür zahlt man mindestens 585 Euro und kriegt dann auch einen 6,5-Zoll-Touchscreen dazu.

Auch für diese spartanischen Versionen gibt es erstaunlich viele Extras, zum Beispiel LED-Scheinwerfer, Navigationssystem oder 18-Zoll-Alufelgen. Auch die fehlende zweite Schiebetür (auf der linken Seite) kann man für rund 500 Euro dazubestellen. Zum Siebensitzer wird diese Version für rund 850 Euro. 

Bestseller im Segment der Hochdachkombis ist mit Abstand der Caddy. Zur Konkurrenz gehören der Citroen Berlingo, der Opel Combo, der Peugeot Partner, der Toyota Proace City, der Renault Kangoo, der Ford Tourneo Connect und der Dacia Dokker. Den etwa zehn Zentimeter kürzeren Berlingo gibt es mit einem 100-PS-Diesel ab 20.607 Euro. Die dafür erhältliche Ausstattung Start bietet ebenfalls nur eine Schiebetür; hier ist das Radio dabei, dafür fehlt die Klimaanlage. Ansonsten ist die Ausstattung ähnlich; der Berlingo ist also deutlich günstiger. 

Fazit: 7/10

Der neue VW Caddy brilliert als typischer Hochdachkombi vor allem in Sachen Innenraumangebot. So viel Platz für Menschen und Material auf so kleiner Fläche kriegt man sonst bei keiner Fahrzeugart.

Dazu kommt ein Technikangebot, wie es bisher bei Nutzfahrzeugen unbekannt war - vor allem die großen, brillanten Displays beeindrucken. Ob das die Kunden interessiert? Man darf es bezweifeln. So mancher wird in einem Instrumentendisplay oder einer elektrisch bedienten Handbremse keinen Vorteil sehen. Oder er wird nicht bereit sein, dafür Geld auszugeben. Nun ja, uns gefällt es. Ein paar Drehknöpfe für die Einstellung der Klimaanlage dürften es aber dennoch sein.

Der Caddy ist mit 1,80 Meter Höhe und 1,86 Meter Breite fast so hoch wie breit. So eine Fuhre in der Kurve straff und ohne großes Wanken auf dem Asphalt zu halten, ist eine schwierige Aufgabe für ein Fahrwerk. Ungeduldige oder gar sportliche Fahrer werden mit dem Caddy deswegen nicht glücklich. Mit diesem Auto sollte man es langsam angehen. Dass die Zuladung durch die neue Hinterachse nun geringer ist, darf Privatnutzern egal sein.

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