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Kia Carnival (2021) im ersten Fahrbericht: Van-tastisch

Was US-Kunden mögen, könnte uns Europäern auch gefallen

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Wo sind sie nur hin, die ganzen großen Vans in Europa? Ford Galaxy und S-Max sowie der VW Sharan halten ziemlich angejahrt die Fahne hoch. Doch jede Wette: Viele Familien stehen auf hintere Schiebetüren, wollen aber auch nicht unbedingt zu einem VW Caddy oder bald dem T7 greifen.

Da haben es die USA schon besser. Zwar grassiert auch dort das SUV-Fieber, doch einige Marken halten weiterhin am Van fest. So wie Kia in Gestalt des Carnival. Dieser üppige Raumgleiter (5,15 Meter lang, Radstand 3,09 Meter) beerbt dort den Sedona. Hartgesottene Fans der Marke werden sich erinnern: Bis 2011 gab es auch hierzulande einen Carnival.

Auch in Russland und Südkorea wird der XXL-Van angeboten. Aber leider nicht bei uns. Wirklich "leider"? Unsere US-Kollegen konnte jetzt den Carnival des dortigen Modelljahres 2022 bereits fahren. Das sind ihre Eindrücke: 

Was auch immer Sie tun, nennen Sie den Kia Carnival 2022 nicht einen Van - zumindest nicht vor Kia. Das Unternehmen bezeichnet seinen Sedona-Nachfolger offiziell als "MPV", kurz für "Multi-Purpose Vehicle", und greift damit einen Begriff auf, der in den USA seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verwendet wurde.

Wir nennen diese Art von Rebranding normalerweise als das, was es ist: Marketing-Jargon. "Die Verbraucher mögen das Wort 'Minivan' nicht, also lassen wir es ein bisschen cooler klingen", sagen die Schreibtischtäter in der Kia-Zentrale vielleicht. Aber der neue Carnival ist so kühn und so einzigartig, dass wir Kia fast abkaufen, dass es sich nicht um einen Van handelt. Fast.

Das SUV unter den Vans

Von der elektrischen Schiebetür an sieht der Carnival wie ein kastenförmiger SUV aus, der viele seiner Merkmale von seinem Schwestermodell Sorento übernommen hat. Die Frontpartie ist recht kantig und trägt schlanke Scheinwerfer mit scharfen LED-Akzenten, die in den großen und formschönen Kühlergrill eintauchen.

Der große Grill direkt darunter stößt auf eine silberne Zierleiste, die den aggressiven Look noch verstärkt. Und die beiden Topmodelle SX und SX Prestige tragen 19-Zoll-Räder in Schwarz glänzend, die dem Carnival einen perfekten Auftritt verleihen - im Gegensatz zum Basismodell LX, das mit zu kleinen 17-Zöllern ausgestattet ist.

Kia hat uns zwei Versionen des Carnival zum Testen zur Verfügung gestellt: ein Astra Blue SX Prestige Modell in "Astra Blue" und ein SX in "Ceramic Silver", beide Farbtöne sind sehr hübsch (und kosten 495 Dollar extra). Die silberne Zierleiste an der Vorderseite erstreckt sich über die Seitenschweller, den hinteren Stoßfänger und auf das Seitenprofil in einem einzigartigen abgeschrägten Akzentteil.

Der einzige kleine Unterschied zwischen diesen beiden Modellen ist der Farbton des Chroms selbst; der Standard-SX trägt mattes Silber gegenüber dem glänzenden Chrom des SX Prestige, und wir bevorzugen den dezenteren Look des Ersteren.

Die Rückseite des Carnival trägt einen LED-Lichtbalken über die gesamte Breite (ein zunehmend überstrapaziertes Designelement) mit dem neuen "KIA"-Schriftzug in der Mitte. Der Schriftzug "Carnival" sitzt weiter unten auf dem Stoßfänger, ein dezenter Spoiler ragt über die Heckscheibe hinaus und rundet den kühnen Look ab. Das Äußere des Carnival hat eine überraschende Menge an Details, aber sie alle kulminieren zu einem sehr ansprechenden "MPV".

Throne in der zweiten Reihe

Auch im Innenraum des Carnival gibt es eine Menge zu mögen. Das allgemeine Kabinenlayout, das wir bereits aus dem Telluride und dem Sorento kennen, mit einem großen zentralen Touchscreen auf einem langen, flachen Armaturenbrett und einer übersichtlichen Anordnung von Tasten direkt darunter.

Es gibt einige neue haptische Feedback-Optionen, die wir in früheren Kia-Produkten noch nicht gesehen haben, und sie sind nicht ganz so intuitiv zu bedienen. Ansonsten gefällt uns die Anordnung der Bedienelemente sehr gut.

Stoffsitze gehören zur Standardausstattung des Basismodells LX, Kunstleder ist ab der mittleren EX-Ausstattung erhältlich. Unser SX-Tester trägt das Kunstleder, aber unser SX Prestige ist stattdessen mit echtem Leder ausgestattet, das in einem passenden Tuscan Lumber-Farbton lackiert ist, der irgendwo zwischen verbranntem Orange und Rost liegt - was auch immer der Farbton ist, er sieht toll aus. Und das Leder ist in allen drei Sitzreihen schön weich.

Das SX-Modell bietet nur acht Sitzplätze mit einer Standard-Sitzbank in der zweiten Reihe und einem herausnehmbaren Mittelsitz. Über die Sitzbank können wir uns nicht beschweren - sie ist bequem, bietet reichlich Kopf- und Beinfreiheit und ist durch die Kunstleder-Sitzfläche auch bei langen Fahrten angenehm weich, um Po und Rücken zu stützen. Aber wenn Sie es in der zweiten Reihe wirklich bequem haben wollen, müssen Sie auf das Modell SX Prestige aufrüsten.

Die Top-Ausstattung ist die einzige Version des Carnival, die mit zwei VIP-Lounge-Sitzen erhältlich ist, die den Platz der serienmäßigen Stühle in der zweiten Reihe einnehmen. Diese Kapitänssitze lassen sich per Knopfdruck in den Entspannungsmodus umlegen (vorausgesetzt, Sie haben auch die dritte Reihe eingeklappt).

Darüber hinaus gibt es eine Fußstütze, großartige Polsterung und jede Menge Beinfreiheit - selbst unser 1,80 Meter großer Autor konnte sich fast vollständig zurücklehnen und stieß dabei nur leicht an den Vordersitz. Die beiden VIP-Lounge-Sitze des Carnival fühlen sich an wie lederbezogene Throne, die für einen König geeignet sind.

Trotz der großen Beinfreiheit in der zweiten Reihe ist die dritte Reihe tatsächlich ein angenehmer Platz. Ein kurzes Ziehen des Hebels und ein Schieben des Stuhls nach vorne, und der Zugang zur dritten Reihe ist einfach. Einmal eingerichtet, bietet der Carnival eine Kopffreiheit von 38,6 cm und eine Beinfreiheit von 35,6 cm.

Technik für die ganze Familie

Die Basisversion in Gestalt des Kia Carnival LX verfügt über einen 8,0-Zoll-Touchscreen, während unsere beiden Testfahrzeuge (und alle Ausstattungsvarianten ab EX) über einen 12,3-Zoll-Touchscreen mit einem entsprechenden 12,3-Zoll-Digitalinstrument verfügen, die beide in einem einzigen Stück glänzenden schwarzen Kunststoffs à la Mercedes untergebracht sind.

Das große Display in der Mitte ist kristallklar und zeigt das für Kia typische UVO-Infotainmentsystem mit den Neongrafiken und Nixie-Röhren-Kanalanzeigen, die wir so sehr mögen. Apple CarPlay und Android Auto sind ebenfalls Standard, aber im Gegensatz zu anderen Kia-Produkten, die wir getestet haben, sind sie hier beide kabelgebunden.

Abgesehen davon hat der Carnival ein paar Optionen - wie das "Sounds Of Nature"-Audio und die Aufnahme von Sprachnotizen - die von früheren Kia-Modellen übernommen wurden. Außerdem gibt es ein paar Dinge, die man in dieser Klasse erwartet, wie die Beifahrerkamera, die dem Fahrer einen Blick auf den Rücksitz aus der Vogelperspektive ermöglicht, und das Passenger Talk PA-System, mit dem man mit den Fondinsassen in normaler Lautstärke kommunizieren kann. Beides sind perfekte Tools, um die Kinder im Auge zu behalten.

Apropos Fondpassagiere: Ein Fond-Entertainment-System mit zwei Bildschirmen gehört bei den Modellen SX und SX Prestige zur Serienausstattung und ist für die Modelle LX und EX als Option für 1.500 Dollar erhältlich. Damit haben die Passagiere in der zweiten Reihe Zugriff auf einen an der Sitzlehne befestigten Bildschirm mit USB- und HDMI-Eingängen sowie Netflix-, YouTube- und Twitch-Streaming und die Möglichkeit, sich kabellos mit einem Smartphone zu verbinden. Selbst für einen Erwachsenen ist die zweite Reihe eindeutig der richtige Platz.

Old-School-Motor, New-School-Sicherheit

Anders als manche der Konkurrenten in den USA setzt Kia dort auf eine relativ simple Motorisierung: ein 3,5-Liter-V6, gepaart mit einem Achtgang-Automatikgetriebe und Frontantrieb. Es gibt (noch) keine Hybridoption und auch keinen Allradantrieb.

Der Motor leistet für US-Verhältnisse bescheidene 294 PS und 355 Newtonmeter Drehmoment, die den Van zielstrebig auf einer geraden Linie bewegen. Wir würden so weit gehen zu sagen, dass sich der Carnival im Sport-Modus schnell anfühlt, und ja, es gibt einen Sport-Modus.

Aber das heißt nicht, dass Kia einen sportlichen Minivan gebaut hat - tatsächlich fühlt sich der Carnival in mancher Hinsicht weniger gelassen an als die US-Alternativen wie der Toyota Sienna und der Chrysler Pacifica.

Mit einer Bodenfreiheit von 17,2 Zentimetern liegt der Carnival höher als jeder andere US-Van, und das Fahrzeug schwankt ziemlich stark. In den Kurven ist die Wankneigung der Karosserie spürbar und das Untersteuern offensichtlich, außerdem ist die Lenkung für den Geschmack des Autors zu künstlich. Ganz zu schweigen davon, dass das kastenförmige SUV-ähnliche Styling den Carnival wie ein Segel im Seitenwind wirken lässt.

Zum Glück hatten wir nicht vor, mit dem Kia auf die Rennstrecke zu gehen. Wo der Carnival brilliert, ist beim Komfort auf der Straße. Die Federung ist extrem komfortabel, die Kabine ist flüsterleise - trotz der aerodynamischen Probleme - und selbst mit den optionalen 19-Zoll-Rädern saugt der Carnival unvollkommenen Straßenbelag außergewöhnlich gut auf. Zusammen mit der umfangreichen Standard-Sicherheitsausstattung ist der Carnival ein kompetenter Straßenkreuzer.

Das DriveWise-Sicherheitspaket macht den Van von Kia unserer Meinung nach zu einem der sichersten seiner Klasse. Mit Funktionen wie automatischer Notbremsung mit Fußgängererkennung, Spurhalteassistent, Toter-Winkel-Überwachung und vor allem dem Highway Driving Assist bleibt der Carnival über weite Strecken perfekt in der Spur und hält ein sicheres, aber gleichmäßiges Tempo zum vorausfahrenden Fahrzeug. Dieser Kia wird Hunderte von Autobahnkilometern mit nur geringen Eingaben des Fahrers zurücklegen.

Attraktive Einpreisung

Die Basisversion des Kia Carnival LX kostet 32.100 Dollar (umgerechnet knapp 26.400 Euro), was angemessen ist, wenn man bedenkt, dass der Sienna und der Pacifica beide über 34.000 Dollar kosten. Nur der Honda Odyssey und der einfache Chrysler Voyager sind erschwinglicher: 31.790 und 27.860 Dollar sind hier fällig.

Mit dem Sitzpaket (das zusätzlich elektrisch verstellbares SynTex-Kunstleder bietet) kostet der LX 34.100 Dollar, während der mittlere Carnival EX 37.600 Dollar kostet und die hier getesteten Modelle SX und SX Prestige bei 41.100 bzw. 46.100 Dollar beginnen.

Die einzige Option bei unseren beiden Testern ist die Lackierung; Astra Blue und Ceramic Silver kosten jeweils 495 Dollar extra. Ansonsten ist fast alles Standard. Diese einzige Option bringt den geprüften Preis für den silbernen SX auf 42.770 $ und den geprüften Preis für den blauen SX Prestige auf 47.770 $ - sehr vernünftige Preise, wenn man bedenkt, dass ein voll ausgestatteter Telluride inzwischen über 50.000 $ kostet. 

Der Kia Carnival 2022 erfüllt alle Anforderungen - er ist komfortabel, bietet eine Menge Technik und sieht schicker aus als so ziemlich jeder andere Van, der heute auf dem Markt ist. Hinzu kommt ein sehr vernünftiger Preis von weniger als 50.000 Dollar für einen voll ausgestatteten SX Prestige.

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