Wir haben das neue Topmodell der Baureihe mit 240 kW nach dem Facelift gefahren ...
Sind die Elektroautos schuld an der Krise bei VW? Ja, aber nicht ausschließlich, möchte man antworten. 2019 war man mit der Premiere des ID.3 sogar einigermaßen früh dran. Aber so recht vermochte sich der Strom-Cousin des Golf nie durchzusetzen. Das Design war vielen zu beliebig, auch die Qualität entsprach anfangs nicht den Erwartungen. Trotzdem wurden schon gut 400.000 ID.3 gebaut, was so schlecht auch wieder nicht ist.
Im Jahr 2023 erfolgte seitens VW eine Modellpflege beim ID.3, die diesen aufwerten sollte. Und seit Frühjahr 2024 ergänzen zwei besonders starke GTX-Modelle das Portfolio. Wir haben uns das Topmodell, den GTX Performance mit 240 kW (326 PS) Leistung, zu Gemüte geführt.
Schafft er es, Otto Normalautofahrer mit dem ID.3 zu versöhnen? Macht er gar wieder Lust auf diesen VW? Bevor wir in die Tiefe gehen, hier zunächst einige Eckdaten zum GTX Performance:
Exterieur | Interieur | Antrieb/Fahreindrücke | Preis | Fazit
Im Zuge der Modellpflege von 2023 hat VW den ID.3 nicht radikal auf links gedreht (das erfolgt angeblich 2026), sondern geschickt geglättet. Der Nudelsieb-Stoßfänger wurde durch ein eleganteres Teil ersetzt, verschwunden ist der Wulst zwischen Frontscheibe und Motorhaube. So markant wie etwa die Ioniq-Modelle von Hyundai ist er aber immer noch nicht.
Der ID.3 GTX und der neue ID.3 GTX Performance unterscheiden sich mit ihrem besonderen Designelementen von den anderen Modellen der Baureihe. Der GTX-spezifische Frontstoßfänger besitzt einen neuen eigenständigen schwarzen Lufteinlass im Rautendesign und eine individualisierte Lichtsignatur. Optional gibt es die 20-Zoll-GTX-Felge "Skagen" komplett in schwarz, der GTX Performance steht grundsätzlich auf 20 Zoll. Zahlreiche GTX-spezifische Features individualisieren zudem den Innenraum. Dazu später mehr, hier zunächst die Abmessungen:
Was dem Tester eines der damals ersten ID.3 auffällt: Innen hat man die Qualität bei Verarbeitung und Materialien deutlich verbessert. Alles wirkt viel wertiger als noch bei den frühen Modellen. Selbst der "Nupsi", der Knopf für die Außenspiegelverstellung, macht keinen 1-Cent-Eindruck mehr. Gediegen wäre vielleicht das falsche Wort. Aber der Innenraum hat seine Playmobil-Anmutung abgelegt.
Geblieben ist leider die Umstellung der zwei Fensterheber-Tasten auf vorne oder hinten. Den Wählhebel für das Getriebe am Lenkrad kennt man inzwischen auch von Passat oder Tiguan. Positiv ist der seit dem Facelift verbaute 12,9-Zoll-Touchscreen samt geänderter Grafikstruktur. Größere Felder und eine eindeutigere Zuordnung machen die Bedienung trotz des Fehlens von echten Knöpfen einfach, zumal der Bildschirm leicht dem Fahrer zugeneigt ist. Ganz ehrlich: Ein Hyperscreen von Mercedes ist deutlich komplexer.
Inzwischen gibt es im ID.3 auch beleuchtete Touchslider, einzig die Touchtasten am Lenkrad sind nicht das Gelbe vom Ei. Ganz im Gegensatz zu dem wirklich vorzüglichen Raumangebot, dass der ID.3 mit seinem Golf-Format bietet. Vorne mauert keine Mittelkonsolen-Wand die Passagiere ein, hinten erfreut viel Beinfreiheit die Passagiere. Hier machen sich die 2,77 Meter Radstand positiv bemerkbar.
Im ID.3 GTX Performance kommt erstmals eine Weiterentwicklung des Volkswagen Performance-Antriebs zum Einsatz, APP550 genannt. Die Leistung konnte hier von 210 kW (ID.3 GTX) auf 240 kW (ID.3 GTX Performance) gesteigert werden. In beiden Leistungsstufen entwickelt die E-Maschine ein maximales Drehmoment von 545 Nm - damit übertrifft sie laut Hersteller die Antriebskraft der stärksten Volkswagen V6-Turbomotoren.
In der GTX Performance-Version sprintet der ID.3 nun in 5,7 Sekunden (im Sport-Modus) mit einem spürbaren Punch auf 100 km/h. Das ist im Alltag durchaus registrierbar, wenngleich auch der stärkste ID.3 nicht so raketengleich beschleunigt wie ein doppelt so starker Hyundai Ioniq 5 N. Aber das muss auch gar nicht sein. Während irgendwelche Drei-Komma-Werte eher fürs Autoquartett taugen, gefällt beim ID.3 GTX Performance die lineare Beschleunigung.
Erst bei 200 km/h wird der Vortrieb übrigens elektronisch abgeregelt - ein Novum in der ID.-Familie. Indes zeigt VW in seinem eigenen Reichweite-Rechner, dass diese bei über 120 km/h deutlich schmilzt.
Auf die hohe Leistung des Antriebssystems ist auch das mit stärkeren Stabilisatoren ausgerüstete GTX-spezifische Fahrwerk abgestimmt. Das Grundlayout besteht aus einer MacPherson-Vorderachse und einer aufwendig geführten Fünflenker-Hinterachse. Serienmäßig kommt die auf den ID.3 GTX abgestimmte Progressivlenkung zum Einsatz. Der ID.3 GTX Performance ist mit der ebenfalls modifizierten adaptiven Fahrwerksregelung Sport-DCC ausgerüstet.
Der neu parametrierte Fahrdynamikmanager nutzt mehr Sensorsignale als zuvor. So kann das System noch besser unterscheiden, wie sich Räder und Aufbau bewegen, um mit verfeinerten Algorithmen die Dämpfer zu steuern. Das sorgt im Test in Verbindung mit der direkten Lenkung für ein gutes Handling. Bemerkenswert ist die trotz Hinterradantrieb selbst bei Schneefall gute Traktion. So gut, dass wir zunächst einen Allradantrieb vermuteten, den es in der ID.3-Palette aber gar nicht gibt. In jedem Fall wirkt der Performance sportlicher als der zwar 16 PS stärkere, aber schwerere Cupra Tavascan VZ.
Zitat des Herstellers: Die Energie kommt von einer 79-kWh-Lithium-Ionen-Batterie (netto), die an DC-Schnellladesäulen durch das innovative Lade- und Thermomanagement mit Batterievorkonditionierung bis zu 185 kW Energie aufnimmt. Moment mal, VW. Für Euch ist es innovativ, wenn ich teilweise bis zu 45 Minuten lang meinen Akku aufwärmen muss, um wirklich schnell laden zu können? Und warum kostet mich eine Wärmepumpe 990 Euro extra? Sorry, aber bei Kia/Hyundai und anderen stöpsele ich das Auto einfach an und lade ruckzuck per 800-V-Technik.
Die hat der ID.3 aber nicht. Und so dauert es insbesondere im Winter eben nicht die offiziellen 26 Minuten, um von 10 auf 80 Prozent SoC zu kommen. Wir verbrachten eher 45 bis 50 Minuten an 350-kW-Säulen, die dem ID.3 GTX Performance mit Spitzenwerten von nur 100 kW Strom zuführten.
Und die Reichweite? Offiziell bis zu 601 km. Im Sommer und auf Sommerreifen. Um null Grad auf Winterreifen sind es eher 400 bis 420 km, wie VW selbst auf seiner Seite ermitteln lässt. Das ist zwar immer noch okay, aber doch eine deutliche Abweichung. Positiv sind hingegen im Winter erzielbare Werte von unter 17 kWh, gemessen an der Leistung.
52.295 Euro kostet das bereits recht ordentlich ausgestattete Topmodell, VW selbst zieht aktuell in Deutschland sofort 3.570 Euro Rabatt in Form einer "Umweltprämie" ab. Macht also 48.725 Euro. Ein Hyundai Ioniq 5 ist teurer, ein Tesla Model 3 Standard günstiger. Im Verhältnis zum restlichen ID.3-Programm finden wir den GTX Performance nicht einmal überteuert, würden aber sagen, dass der 1.500 Euro günstigere GTX auch reicht.
Zudem sind Barpreise bei Elektroautos eh so gut wie obsolet. Sie werden geleast, was sich mit Blick auf die schnelle technische Weiterentwicklung (man sieht es am ID.3 selbst) lohnt. Und hier gibt es derzeit interessante GTX-Angebote.
Die "Aktion Sorgenkind" ist geglückt. Als GTX Performance macht der ID.3 durchaus Laune. Fest steht: Jene VW-Baureihe ist sicherlich nicht das beste Elektroauto auf dem Markt. Aber der beste ID.3, den es bislang gibt.