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Offiziell: Renault 5 Turbo 3E kommt mit 540 PS, 1.400 Kilo und Rallye-Handbremse

Auch der Innenraum ist irre. Wir konnten die Serienversion bereits ansehen und haben alle Infos

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Für Autoenthusiasten klingt dieses Projekt ja irgendwie zu schön, um wahr zu sein. Und das, obwohl es sich hier - Gott bewahre - um ein Elektroauto handelt. Der Renault 5 Turbo 3E ist locker eines der coolsten und wahnwitzigsten Autos der letzten 20-30 Jahre. Und er kommt wirklich auf den Markt. Wir haben uns das "Mini-Supercar" bei Renault in Paris angesehen, kennen jetzt (fast) alle Serien-Details. Es wird ziemlich irre. 

Für die Emanzipierung des Elektroautos hin zum endlich auch emotional mitreißenden Produkt wird dieses Auto eine maßgebliche Rolle spielen. Abgesehen von millionenschweren, 2.000 PS starken E-Hypercars wie Rimac Nevera oder Lotus Evija (wurde eigentlich jemals einer ausgeliefert?) sind Batterieelektrische noch immer reine Vernunftentscheidungen. Die selbst in eigentlich prestigeträchtiger und optisch ansprechender Form (Porsche Taycan, Audi e-tron GT) schwer verkäuflich sind und sich spätestens auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu absoluten Standuhren und Ramschware entwickeln. 

Es ist an der Zeit, dass mehr Elektroautos erscheinen, bei denen selbst die stursten Benzinköpfe wild und gierig mit den Kreditkarten wedeln. Die auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt begehrt bleiben. Weil sie technisch, optisch und emotional Dinge können, die man sonst nirgends bekommt. Und das zu einem Preis, der zumindest nicht völlig entrückt ist Der Renault 5 Turbo 3E könnte so ein Auto sein.

Vermutlich musste es einfach Renault sein. Die Franzosen haben ja durchaus eine illustre Historie, wenn es um das Zeigen von immens dicken Testikeln geht. Es ist total verrückt? Es ist irrsinnig? Wir könnten damit Unmengen an Geld verlieren? Wunderbar, lasst es uns bauen! Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Avantime, den wunderbaren Clio V6, den Sport Spider und natürlich den 5 Turbo.

Letzterer ist ja nun wirklich eine der absoluten Ikonen des Rhombus und weil er nicht nur verdammt selten (4.857 Exemplare) sondern obendrein unglaublich wundervoll ist, erzielt er inzwischen auf dem völlig wildgewordenen Schlachtfeld namens Gebrauchtwagenmarkt Preise von bis zu 150.000 Euro. Er rangiert mit seinen unchristlich breiten Backen, der anrüchigen Position und Kraft seines Motors (hinter den Sitzen; 160 PS bei 900 Kilo) und seinem unerhört präsenten 80er-Charme Haben-will-mäßig sehr weit oben in der Nahrungskette.

Es bot sich also an den durchgeknallten Kraftwürfel in die Neuzeit zu überführen. Das Ganze in rein elektrischer Form als heftigen Image-Booster zu konzipieren, ist absolut sinnvoll. Mit dem neuen Renault 5 reitet man ohnehin auf einer selten gesehenen Sympathie-Welle. Jetzt geht man auf Geheiß von CEO und "Car Guy" Luca de Meo noch einen gewaltigen Schritt weiter.

Wir sind im alten Renault-Werk in Flins bei Paris, wo man uns die "zu 98 Prozent fertige" Version des 5 Turbo 3E zeigt und uns auf den neuesten Stand des Projekts bringt. "Turbo 3E" übrigens, weil er als geistiger Erbe des R5 Turbo1 (von 1980) und R5 Turbo2 (ab 1983) gilt. Das "E" sollte selbsterklärend sein. 

Im Vergleich zur vogelwilden Studie, die man im Oktober 2022 auf dem Pariser Autosalon zeigte, hat sich inzwischen einiges geändert. Typisches Concept Car-Lametta wie den mammutösen Heckflügel (wurde nicht einmal im Windkanal getestet, hatte also aerodynamisch vermutlich keine besonders positiven Auswirkungen) oder den Ladeport im Lufteinlass auf der Fronthaube hat man gestrichen.

Außerdem nahm man auf der Reise zum Serienauto eine Metamorphose "vom Rallye-Beast zum Track-Monster" vor. Schließlich würde wohl kein Kunde mit seinem limitierten Schätzchen Rallye fahren, man hoffe aber sehr wohl auf rege Rennstrecken-Nutzung. Ausgeprägte Drift-Freundlichkeit sei aber nach wie vor gegeben. Dazu gleich mehr. 

Plattform, Karosserie und Antrieb

Um zu verstehen, wie verrückt und wagemutig dieses Projekt ist, müssen Sie wissen, dass es sich hier um eine komplett neue und eigene Plattform handelt. Es gibt im Prinzip keine Gleichteile mit irgendetwas, dass der Renault-Konzern aktuell im Angebot hat. Geld wird mit diesem Gefährt also wohl eher keins verdient, um es freundlich auszudrücken. Die technische Entwicklung übernimmt Alpine, um die Software kümmert sich die konzerneigene Division Ampere und um die Ladetechnik Mobilize.

Der 5 T 3E steht auf einem eigens für ihn kreierten Aluminium-Chassis mit speziellen Achs- und Fahrwerkskomponenten, zu denen sich die anwesenden Ingenieure noch nicht so recht äußern wollten. Klar ist immerhin: Das Fahrwerk wird adaptiv, aber nicht höhenverstellbar sein.

Die Karosserie des kompakten Edel-Racers ist komplett aus Carbon. Und sie streckt sich wenig subtile 26 Zentimeter weiter nach außen als die des normalen R5 E-Tech Electric. Das sorgt für Comic-hafte Proportionen. Das Auto ist nur doppelt so lang wie breit. Supersportwagen-Format zu heiß gewaschen, quasi. Gewicht aktuell: bemerkenswerte 1.450 Kilogramm. Bis zum Serienstart in knapp zwei Jahren will man noch 50 Kilo runter.

Renault 5 Turbo 3E 2027

Insgesamt übernimmt der 3E außen gerade mal vier Teile vom Standard-R5 - die Frontscheibe, die Spiegel, die Rückleuchten und die Türgriffe. Die Vorderräder hat man weiter nach vorne gezogen, die Windschutzscheibe nach hinten versetzt (und flacher montiert). Die Haube ist deutlich länger. 

Die Abteilung "Aerodynamik" bedient Renault in Sachen Downforce mit einem mächtigen Einlass auf der Haube, dem großen Spoiler-Blade unter der Frontschürze, einem mächtigen Diffusor am Heck sowie den Einlässen neben den Rückleuchten, die obendrein ans historische Vorbild aus dem 80ern erinnern. Außerdem gibt es GT3-mäßige Radhausentlüftungen hinterm Vorderrad sowie die Doppeleinlässe vor den Hinterrädern. Der untere kühlt die Radnabenmotoren, im oberen versteckt sich auf Fahrerseite der Ladeanschluss. 

Und ja, Sie haben gerade richtig gehört: Radnabenmotoren! Renault rühmt sich damit, dass man das Rennen ums allererste Serienauto mit einem solchen Antrieb gewinnen wird. Die beiden mit einem externen Partner entwickelten Maschinen sitzen direkt an den Hinterrädern und leisten jeweils 200 kW. Die Systemleistung beträgt demnach 400 kW (540 PS). Renault spricht zudem von 4.800 Nm Drehmoment am Rad. Wie sich das in der Realität auswirkt, werden hoffentlich bald die ersten Prototypen-Testfahrten zeigen. 

Die Vorteile liegen auf der Hand: die Maschinen sparen nicht nur immens Platz, sie sind auch direkt ansteuerbar, erlauben Torque Vectoring und die extrem gut kontrollierbare Umsetzung eines Drift-Modus. Hier dürfte wirklich einiges möglich sein - selbst den prominent mittig platzierten Hebel für die elektrohydraulische Handbremse hat man aus der Studie übernommen. 

Die recht großen Motoren sorgen außerdem für riesige Räder. Das Auto steht auf 20-Zöllern mit 275er-Bereifung hinten. Direkt an der Rückseite der Radnabenmotoren sind 440-mm-Bremsscheiben angebracht. Gewaltige Ausmaße für ein derart kleines und leichtes Auto.

Mit lediglich 2,7 Kilo pro PS steht der R5 Turbo 3E natürlich äußerst stabil im Futter. Aktuell geben die Franzosen einen 0-100-km/h-Wert von 3,5 Sekunden an. Einer der anwesenden Ingenieure des Projekts sagte allerdings, dass man diesen Wert bis zum Produktionsstart auf 3 Sekunden senken wird. Die Höchstgeschwindigkeit soll bei 270 km/h liegen. 

Batterie und Laden

Die 70-kWh-NMC-Batterie sitzt zentral im Boden und ist natürlich ebenfalls eine komplett individuelle Lösung nur für den 5 T 3E. Man habe sich hier nicht aus dem Konzern-Baukasten bedienen können, weil die vorhandenen Akkus nicht schnell genug Leistung abgeben, um die gewünschte Power auch akkurat auf die Straße zu bringen. 

Offiziell ist von mehr als 400 Kilometer WLTP-Reichweite die Rede. Aber das dürfte hier eher eine untergeordnete Rolle spielen. Wichtig sei nicht die Reichweite auf der Autobahn, sagt mir ein Projektverantwortlicher, sondern dass man zuverlässig 2,3,4 Runden auf der Rennstrecke fahren könne, dann im Eiltempo aufladen und sofort wieder raus auf den Track. 

Für gehöriges Ladetempo sorgt eine - Sie ahnen es - eigenständige 800-Volt-Architekur (das erste Mal in einem Renault) mit DC-Ladegeschwindigkeiten von maximal 350 kW und 11 kW AC-Laden. In 15 Minuten soll der Akku so von 15 auf 80 Prozent gebracht werden können. 

Interieur, Individualisierung und Preis

Innen übernimmt der R5 Turbo 3E lediglich zwei Komponenten von seinen bürgerlicheren Baureihengeschwistern, allerdings immerhin recht entscheidende. Denn das komplette Cockpit inklusive der beiden 10,1- und 10,25-Zoll-Displays sowie sämtlicher Google-Dienste spendiert der Brot-und-Butter-R5, das schicke Lenkrad wiederum leiht die Sportversion Alpine A290

Es wird vier verschiedene Fahrmodi und vier Rekuperationsstufen geben. Dazu am Lenkrad einen roten Schalter, durch dessen Betätigung das Auto Ihnen das Gefühl vermittelt, Sie wären ein Drift-Gott. Wie genau die klangliche Untermalung bei Renaults neuem Kompakt-Supercar aussehen wird, ist noch nicht klar, einig ist man sich nur, dass es etwas in diese Richtung geben wird.

Weil sich, anders als beim R5 Turbo aus den 80ern, kein ausladender Verbrennungsmotor hinter den Sitzen breit macht, verfügt die Neuauflage in der Tat über einen relativ anständigen Kofferraum. Das angesprochene Gestühl wiederum ist aus Kohlefaser und kann in puncto Auftritt locker mit den Moderne-Kunst-tauglichen Stühlen des ersten R5 Turbo mithalten. Auf den Bildern sehen Sie verschiedene Farben für Fahrer und Beifahrer. Wird man auch so bestellen können. Muss man aber nicht.

Müssen muss man bei der Zusammenstellung seines eigenen Turbo 3E ohnehin kaum was. Aber aussuchen können kann man wahnsinnig viel. Es gibt ein paar Standard-Varianten und Farben für innen und außen, die man wählen kann, wenn man etwas weniger Fantasie/Geld zur Verfügung hat. Daneben wird Renault einige klassische Außendesigns aus der eigenen Rennsport-Geschichte anbieten. Wer völlig durchdrehen möchte, wählt schließlich das dritte Personalisierungslevel. Hier bucht man einen Termin mit einem Renault-Designer und gestaltet das Auto außen und innen komplett individuell. 

Was das genau kostet? Wir wissen es noch nicht. Ganz generell machen die Verantwortlichen noch ein ziemliches Geheimnis um den Preis ihres elektrischen Spaß-Pioniers. Der Turbo 3E werde "das demokratisierteste Supercar auf dem Markt sein". Preislich werde da kein anderer Supersportwagen rankommen. Was auch immer das heißen mag. 

Würden die Franzosen ein echtes Statement setzen wollen, würden Sie das Auto für unter 100.000 Euro anbieten. So ganz glauben kann ich das allerdings nicht. Spätestens im April wissen wir mehr, denn dann geht es mit den Vorbestellungen los und man muss mit einem Preis um die Ecke kommen.

Eine kleine Anzahlung wird es dabei vermutlich nicht tun, denn Renault gibt ganz offen zu, dass die Kunden das Auto mitfinanzieren werden. 1.980 Exemplare des R5 Turbo 3E wird es insgesamt geben, passend zum Erscheinungsjahr des ersten Renault 5 Turbo. Die Auslieferungen starten im ersten Halbjahr 2027. 

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